Hittfeld 08.10.2022
Seevetal gegen Deutsche Bahn A.G.
Wie sich Seevetal gegen die Bahn AG wehrt. Geplante Trasse würde die Gemeinde zerschneiden.
Quelle: "Winsener Anzeiger" 7.Oktober, Björn Hansen
Es war eigentlich nur ein kleines Signal, das Emily Weede zuletzt in der Sondersitzung des
Gemeinderates Seevetal aussandte.
In der Burg Seevetal in Hittfeld informierte sie Ratsmitglieder und Zuschauer darüber,
dass die Gemeinde Kartierern und Vermessern der Deutschen Bahn AG ein Betretungsverbot erteilt habe.
Einen entsprechenden Hinweis, wem private Grundeigentümer die dazugehörige Mail schicken können,
findet sich auf der Seevetaler Internetseite.
Herr Hudaff von der Deutschen Bahn hat inzwischen einige Mails bekommen.
Keine Frage, die Deutsche Bahn AG ist in Seevetal gerade der Endgegner,
die Pläne zu einer ICE - Trasse, die entlang der Autobahn 7 und damit quer durch Seevetal
verläuft, sind nicht nur umstritten, sondern vollkommen unerwünscht.
Die Sondersitzung in der Burg hatte dazu auch den passenden Beschluss gefasst:
Die Mitglieder des Rates der Gemeinde Seevetal fordern die Deutsche Bahn auf,
die 2015 ausgehandelte Streckenführung "Alpha E" als verbindlich anzusehen und die Planungen
an einer bestandsfernen Streckenführung einzustellen.
Kurz die Sachlage:
Alpha-E ist die Streckenführung zwischen Hamburg und Hannover über die bestehenden Verbindungen,
die dann ausgebaut werden sollen. Im sogenannten Dialogforum Schiene Nord verabredeten Bahn
und Kommunen, dass diese Route kommen solle. Das war 2015. Alpha-E schaffte es auch bis
in den Bundesnetzplan.
Die Bahn hatte aber eine bessere Idee:
Sie will nun eine neue Strecke entlang der Autobahn 7 bauen, die auf einem bis zu 30 Meter hohen Bahndamm
durch Seevetal und die Samtgemeinden Hanstedt und Salzhausen führen soll. Die Autobahn muss dabei zwei Mal
gequert werden, es braucht also auch neue Brücken.
Von dieser Idee hat die Bahn AG aber niemandem erzählt. Sie will mit der neuen Strecke ihren
sogenannten Deutschlandtakt stärken.
In diesem Fall bedeutet dies, dass man die Fahrtzeit zwischen Hamburg und Hannover auf unter 60 Minuten
bringen könnte.
Der Landkreis Harburg und die Kommunen erfuhren davon nichts, denn die Bahn AG ließ zugesagte
Fristen kommentarlos verstreichen. Auch das niedersächsische Verhehrsministerium in Hannover
blieb ahnungslos, dass bereits an einer neuen Trasse gearbeitet wurde.
Was für Ende Mai zugesagt war, kam erst im August auf strenge Nachfrage im Winsener Kreishaus
dann auch endlich an:
Ein erster Plan zur neuen Trassenführung.
(Die rote Linie zeigt die neue Trasse)
Der Plan fand nun auch seinen Weg in die betroffenen Kommunen.
Insbesondere Meckelfeld und Ramelsloh würde es hart treffen.
Von den vorbereiteten Planungen erfuhr man im Hittfelder Rathaus von der Bahn nichts.
Erst als Kartierer und Vermesser der Bahn AG unangemeldet auf Grundstücken der Gemeinde auftauchten,
war klar, wie intensiv die neue Trassenführung bereits vorbereitet wird.
Nun gilt für Bahn-Mitarbeiter das Betretungsverbot, auf das die Gemeinde wohlwollend die
Grundeigentümer hinweist.
Bürgermeisterin Emily Weede stärkt nun in Seevetal die Reihen gegen das Bahn-Projekt.
"Wir sind hier eine Einheit. Der gesamte Rat steht zusammen", sagt sie im WA-Gespräch.
Die Bahn habe bisher überhaupt nicht informiert, ein zuletzt geplantes Treffen sei von
Seiten des Unternehmens abgesagt worden. Am kommenden Dienstag ist wieder ein
Treffen im Rathaus in Hittfeld. Dann soll es nähere Infos zur Trassenführung geben.
Rathaus-Blick auf Hamburg und Berlin
Deutliche Kritik übt Weede auch am großen Nachbarn.Die Hansestadt Hamburg wolle ihre Pläne durchsetzen.
Der Streckenneubau durch das Winsener Kreisgebiet solle den Hamburger Hafen als Standort absichern.
"Wir müssen das Thema nach Berlin tragen" sagt Emily Weede. Niedersachsens Umweltminister
Olaf Lies (SPD) treffe dort auf Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP).
Der hatte im Gespräch mit der Salzhäuser FDP Landtagskandidatin Judith Höfler vorgestern betont,
dass es keinen Neubau gegen den Willen der Bürger geben werde.
Die Bahn AG habe wohl nicht damit gerechnet, dass der Widerstand so heftig ausfallen würde, sagt Emily Weede.
Sie will jetzt abwarten, was die Bahn beim Treffen am Dienstag auf den Tisch legt.
Die ICE-Trasse an der Autobahn wolle man aber unbedingt verhindern. und Weede warnt:
"Wir sind noch nicht im Angriffsmodus"
Man habe sich in der Gemeinde bewusst für eine separate Ortsentwicklung entschieden. Dazu gehören:
Naherholung, Grünflächen und Wirtschaftsstandorte in den Ortschaften.
Käme die neue Bahntrasse durch Seevetal, wäre dies ein tiefer Einschnitt in diese Entwicklung.
Für den Erhalt der Lebensqualität werde sie kämpfen, sagt Weede.
Anhang:
Das plant die Deutsche Bahn
Nach dem aktuellen Planungsstand sollen die Gleise in Meckelfeld von der Bahnstrecke nach Bremen ausfädeln und von dort
in südlicher Richtung über die Glüsinger Lohe, Fleestedt und Karoxbostel nach Hittfeld zur Heubruch Siedlung
führen. Von dort sieht die Planung ein kurzes Stück entlang der A7 weiter über Lindhorst, Helmstorf und
Harmstorf nach Ramelsloh vor. Dort soll die bestehende Gütertrasse gequert und angeschlossen werden.
Der weitere Verlauf erfolgt dann in Richtung Brackel weiter nach Süden.
Insgesamt müssten beim geplanten Trassenverlauf allein auf Seevetaler Gebiet zwei Autobahnen,
fünf Kreisstraßen und zwei Eisenbahnstrecken mit großen Bauwerken gekreuzt werden. Die Strecke
würde nahezu komplett in einer Dammlage von bis zu 30 Metern Höhe verlaufen.
Damit sind nicht nur Bürgerinitiativen nicht einverstanden.
Auch Bürgermeisterin Emily Weede äußerte ihren Unmut:
"Unser Protest ist in Berlin angekommen. Das haben die Gespräche in den letzten Tagen deutlich gezeigt".
Sie unterstreicht, dass sich die Gemeinde nicht grundsätzlich gegen eine Verbesserung des
Schienenverkehrs stelle.
"Wir fordern die Deutsche Bahn auf, die 2015 ausgehandelte
Streckenführung Alpha E als verbindlich anzusehen und die Planungen an einer bestandsfernen
Streckenführung einzustellen".
Bürgerinformationsabende
Die Reihe der Informationsabende beginnt am Freitag, 14. Oktober, um 18:30 Uhr im Meckelfelder
Helbach-Haus. Jeweils um 18:30 Uhr beginnen auch die folgenden Veranstaltungen am Donnerstag,
20. Oktober in der Wassermühle Karoxbostel und am Donnerstag, 27. Oktober in der Ramelsloher Kirche.
Den Abschluss bildet eine große Veranstaltung am Dienstag, 8. November, um 18:00 Uhr
in der Hittfelder Burg Seevetal. Dort formiert sich dann auch offiziell die in den letzten Wochen
entstandene Bürgerinitiative gegen die ICE-Trasse.
|