Zurück



Kritik am Gegenentwurf zum "100-Jährigen"

Foto:G.Benezé


Politiker halten die geplante Wohnbebauung für zu wuchtig. Willy Klingenberg (Freie Wähler) hofft auf dritte Alternative.

Quelle: Christiane Tauer / Hamburger Abendblatt 4.6.2016


Der Gegenentwurf für das Areal rund um das Traditionsgasthaus "Zum 100-Jährigen" sorgt in Hittfeld für Aufregung. Während die Politiker des Ortsrats die Pläne der Buchholzer Projektentwicklungsgesellschaft terra Real Estate zum Teil noch gar nicht gesehen haben und erst aus dem Hamburger Abendblatt davon erfuhren, will sich Andreas Tietz, Geschäftsführer von terra Real Estate, mit Äußerungen noch zurückhalten. "Wir arbeiten seit längerer Zeit an dem Konzept und wollen es erst am 30. August auf der Ortsratssitzung offiziell präsentieren", sagt er jetzt.

Wie berichtet, haben die Buchholzer Projektentwickler mit dem "Quartier 100" einen Alternativentwurf für das Gelände des "100-Jährigen" vorgelegt, der Wohnbebauung, kleineren Einzelhandel und die Wiedereröffnung des derzeit ungenutzten Gasthauses vorsieht. Anders als beim bisher bekannten Konzept der Projektentwickler May & Co. wäre ein Aldi-Markt nicht dabei, die Edeka-Erweiterung wäre aber möglich. Das May-Konzept beinhaltet außerdem keine Wohnbebauung.

Ein weiterer Unterschied ist, dass terra Real Estate laut Entwurf einen namentlich benannten Betreiber für das Gasthaus mitbringen würde, und zwar Spitzenkoch Frank Wiechern vom Harburger Fischrestaurant "Leuchtturm". Wiechern selbst möchte sich auf Abendblatt-Nachfrage nicht zu den Plänen äußern. Nur so viel stellt er im Vorfeld schon mal klar: Sollte es überhaupt zu einer Realisierung in Hittfeld kommen, würde sich für sein Stammlokal am Harburger Außenmühlenteich selbstverständlich nichts ändern. "Das ist das Mutterschiff, das unter meiner Leitung bleibt", sagt er. Hittfeld wäre in diesem Fall eine Dependance.

Die Politiker des Hittfelder Ortsrats kommentieren den Gegenentwurf bisher ähnlich vorsichtig wie sie es beim May-Entwurf getan haben. "Ich kann beiden Entwürfen nicht 100-prozentig zustimmen", sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Heiner Steeneck und fügt hinzu, dass seiner Ortsratsfraktion das Alternativkonzept noch gar nicht offiziell vorgestellt worden sei. Gleichwohl erklärt er, dass er eine Wohnbebauung auf dem Areal grundsätzlich für interessant halte. Seiner Fraktion gehe es vor allem um den Erhalt des Gasthauses, darüber hinaus dürfe eine Planung auf diesem Areal nicht die Situation der Anwohner verschlechtern. "Vor diesem Hintergrund müssen wir die vorliegenden Entwürfe bewerten."

Der Hittfelder CDU-Fraktionsvorsitzende Jürgen Hanisch hat vom zweiten Konzept erst aus dem Abendblatt erfahren. Er könne deshalb wenig dazu sagen, erklärt er. Ortsbürgermeister Norbert Fraederich, sein Parteikollege, ist derzeit im Urlaub.

Hanisch stellt lediglich heraus, dass Aldi seinen Markt am Kreisel auf jeden Fall aufgeben wolle - die Frage sei dann, wo der Markt stattdessen entstehen solle, wenn nicht auf dem Gelände des "100-Jährigen". Zudem verweist er darauf, dass es auch im May-Entwurf mögliche Betreiber für das Gasthaus gebe. Sie seien nur nicht namentlich genannt worden.

Willy Klingenberg, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, findet ähnlich wie Heiner Steeneck weder das eine noch das andere Konzept zu 100 Prozent überzeugend. Beim May- Entwurf ist es die Tatsache der Edeka-Erweiterung und des Aldi-Umzugs, die seine Fraktion grundsätzlich kritisch sieht. Dahinter steht die Sorge eines Kaufkraftverlusts in der Kirchstraße. Auch die große Zahl an Parkplätzen rund um den Aldi-Markt bereitet ihm Bauchschmerzen. Zudem bedauert Klingenberg den Abriss der alten Brennerei, der bei beiden Konzepten nötig wäre. "Vielleicht gibt es noch eine Möglichkeit, sie zu retten", sagt er.

Am Gegenentwurf kritisiert Klingenberg die in seinen Augen zu hohe und zu mächtige Wohnbebauung. "Das ist uns einfach zu groß." Sein Wunsch wäre vielmehr, direkt hinter dem "100-Jährigen" einen Platz zum Verweilen für die Bürger zu schaffen, in den möglicherweise auch die Gemeinde investiert. Darüber hinaus hofft er, dass sich vielleicht noch ein dritter Investor mit einem weiteren Alternativplan für das Gelände meldet.

Dagegen hätte sicherlich auch Gerhard Nobis, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Ortsrat, nichts einzuwenden. Er stuft den Entwurf der Buchholzer Projektentwickler als eine "schöne Alternative, über die man reden muss" ein. Kritik hat er gleichwohl: Die Wohnbebauung ist auch in seinen Augen zu dicht. Ähnlich kritisch bewertet er den May-Entwurf. "Aldi und Edeka bilden so einen großen Komplex, der ,100-Jährige' wird dagegen zu einer kleinen Insel", findet er.